Ein Satz, eine SMS oder eine Ahnung… dann ist es irgendwann klar: Die Beziehung ist beendet. In unserer schnelllebigen Zeit dauern Partnerschaften kürzer, die Trennungen erfolgen oft schneller. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Trennungsschmerz danach auch schneller bzw. erfolgreicher verarbeitet werden kann. Er tut weh und einige fallen in eine richtige Krise, vor allem diejenigen, die verlassen wurden. Folgende Phasen werden dabei im Allgemeinen durchlaufen:
- Schock/ Verleugnung
Wut/ Kampf um die Beziehung
Trauer
Loslassen/ Neuorientierung
Was hilft, um die Trennung verarbeiten zu können, kann sehr unterschiedlich sein. Wichtig ist hierbei, dass irgendwann das Gefühl entsteht, dass man wieder Sinn und Hoffnung im Leben sieht und der Trennungsschmerz geringer wird. Niemand muss hierbei eine Marionette des Schicksals sein bzw. bleiben. Schnell wird dann das Beispiel vom halbleeren oder halbvollen Glas genannt oder in der Krise eine Chance zu sehen. Doch Vorsicht, die Individualität jedes Menschen sollte achtsam behandelt werden und der Hinweis, doch das halbvolle Glas zu betrachten, statt das halbleere, kann eine Überforderung bzw. nicht passende Lösung zur aktuellen Lebenssituation darstellen. Die gut gemeinten Ratschläge werden dann schnell als zynisch empfunden.
Verlust erzeugt Stress
Das Ende einer Beziehung kann das Gefühl von Selbstwirksamkeit eines Menschen schwer erschüttern. Zu Beginn dieser Stress-Reaktion kommt es zu einer Aktivierung des sympathischen Nervensystems, was zur Mobilisierung von Energiereserven und zum „Wachrütteln“ führt. Die Aufmerksamkeit wird auf das Problem gelenkt. Meist zusätzliche negative Bewertungen der erfolgten oder erwarteten Handlungen und Ereignisse verstärken die Emotionen. Falls kein Ausweg aus der Situation denkbar ist, so übernehmen archaische Notfallprogramme das Kommando: Angriff, Flucht oder ohnmächtige Erstarrung. „Vernünftiges“ Denken ist unter diesen Bedingungen nicht möglich.
Krisen (erleben)
Eine Krise besteht darin, dass das Alte stirbt und das Neue noch nicht geboren ist. (A. Gramsci)
Verlassene Partner, die aus der Trauer, Wut oder Sinnlosigkeit nicht aussteigen können, zeigen typische Muster des Erlebens: Sie empfinden sich als Opfer von diesen Umständen, die auf sie einwirken bzw. eingewirkt haben („Ich bin verlassen worden.“) und das Gefühl der Nicht- Selbstwirksamkeit und Ausweglosigkeit stellt sich ein. Vertrautes (gemeinsame Wohnung, Intimitäten) ging verloren und bisher gelebte Lösungsstrategien (alte und neue Freunde treffen, Zufriedenheit in der Berufswelt finden) werden als nicht mehr wirksam erlebt, was Kreisläufe der Stress-Reaktionen erhält und zu einer Verringerung des eigenen Selbstbewusstseins führt. Die Symptome dieser sich oft weiter selbst-verstärkenden Phase zeigen sich auf emotionaler, kognitiver und körperlicher (Muskelverspannungen, Blutdruck etc.) Ebene, was die Embodiment-Forschung[1] klar belegt. Die Frage nach dem „Warum“ kreist stunden- und tagelang im Kopf herum und der damit einhergehende Konzentrations- und Energieverlust kann bis zur Krankschreibung führen.
Lösungsversuche prüfen
Wenn Sie immer das tun, was Sie bisher getan haben, werden Sie auch immer das bekommen, was Sie bisher bekommen haben. (A. Robbins)
Verlassene versuchen fast immer, den Trennungsschmerz irgendwie zu verarbeiten.
Gelingt dies nicht, so scheint es keinen Ausweg zu geben und die Trennung kann als unüberwindbare „Betonwand“ angesehen werden, unter der Betroffene sogar jahrelang leiden. Ein Ohnmachtsgefühl entsteht.
Hilfreich kann es dann sein, sehr achtsam zu „prüfen“, welche Lösungswege bisher fokussiert und in starrer Weise immer nach demselben Schema wiederholt wurden (mehr Sport treiben, mehr arbeiten, ähnliche Gestaltung der Tagesabläufe usw.). Danach könnte besprochen werden, welche Variationen es dazu noch geben könne (Was wäre eine zweitbeste Alternative?), welche Situationen und Handlungen bisher hilfreicher waren und welche weniger (zumindest ein wenig) und wo es Ausnahmen gab, die bessere Gefühle erzeugten? Diese Ausnahmen und die dazu gehörigen Tätigkeiten und Gedanken könnten hervorgehoben und Möglichkeiten gesucht werden, diese zu verstärken.
Wichtig hierzu ist die eigene Entschlussfähigkeit:
- Ich darf „Heilung“ erfahren.
Ich möchte neue Lösungen suchen.
Ich werde durchhalten und neue Ideen diszipliniert prüfen.
Dies führt dazu, dass man die Gedanken auf Dauer selbst wählen kann und nicht von ihnen getrieben wird.
Änderung der Gedanken – mentales Training
Gedanken, die um Rache, Verlust und Wut kreisen, wiederholen sich bei Personen, die es nicht schaffen, eine Trennung zu verarbeiten. Aus zunächst schmalen gedanklichen „Wegen“ werden schnelle und breite „Autobahnen“, auf denen immer wieder dieselben Gedankenabläufe abgespult werden.
Diese Abläufe können beobachtet und dadurch bereits verändert werden. Hilfreich sind oft folgende Fragen:
- Wie viele Stunden des Tages wird an die Trennung bzw. alte Beziehung gedacht?
Gibt es Unterschiede im Tagesverlauf? Wann wird am meisten und wann eher weniger daran gedacht?
Welche konkreten Gedanken tauchen immer wieder dabei auf? Welche erscheinen zuerst, welche danach?
An welcher Stelle wäre eine Möglichkeit eine kleine Änderung einfließen zu lassen? Wie könnte diese gestaltet werden (z. B. eine Tasse Tee kochen, einen anderen Raum aufsuchen, an ein angenehmes Ereignis denken, ein Telefonat mit einem Freund führen)? An welchen Tageszeiten möchten Sie es zulassen, an die Trennung zu denken? Wie lange?
Was könnte noch getan werden, um diese Änderungen zu verstärken?
Konkrete externe Beschäftigungen können geplant werden, um die Gedanken auf andere Tätigkeiten zu lenken, so dass kein Raum mehr ist für belastende Vorstellungen. Hierbei werden Tätigkeiten gesucht, die so fesseln, dass man abgelenkt wird:
- Rätsel lösen
Lesen
Neue Sportarten
Entspannen & sich selbst verwöhnen, z. B. ein Sauna-Tag, eine wohltuende Massage, ein Termin bei der Kosmetikerin, eine ausgiebige Shopping-Tour
Oftmals belasten jedoch sogenannte innere Vorgänge wie das Auftauchen von Erinnerungen, die mit starken Gefühlen verbunden sind am meisten. Auch hierfür gibt es Tipps, die helfen interne Entlastungen zu kreieren:
- Ein bestimmtes Bild von der alten Beziehung taucht immer wieder vor dem inneren Auge auf -> ein angenehmeres Bild, das ich mir vorab gedanklich vorab aussuche, z. B. von einem tollen Urlaub, wird über das alte „gelegt“.
- Die Stimme des Ex/der Ex wird immer wieder im Kopf gehört-> Musik hören.
- Wenn man sich an den guten Geruch des Expartners erinnert-> an anderen Gerüchen schnuppern z. B. ein einem guten Deo oder Parfüm, sich eine blühende Blumenwiesen vorstellen, deren Geruch in der Luft liegt.
- Erinnerungen an anregende und wohltuende Hautkontakte mit dem Ex/der Ex können „ausgeblendet“ werden, wenn diese durch Vorstellungen ersetzt werden, wie angenehm es ist, z. B. ein geliebtes Haustier zu streicheln, barfuß am Strand zu laufen oder sich selbst mit einer wohltuenden Creme einzureiben.
Daraus kann eine „Notfallkoffer“ entwickelt werden. Dies bedeutet sich die oben genannten konkrete Gegenstände in einer schönen Schachtel oder Ähnlichem zu sammeln, um bei starken negativen Gedanken und Gefühlen darauf zurückgreifen zu können.
Erinnerungen wegpacken
Beim Abschließen mit der Beziehung hilft es außerdem, alle Erinnerungen an die gemeinsame Zeit für eine Weile aus dem Blickfeld zu verbannen, z. B. Fotos vom letzten gemeinsamen Urlaub, Geschenke zum Jahrestag, Kleidungsstücke usw. Am besten packt man alles, was an die Beziehung erinnert, in einen großen Karton, der im Keller oder auf dem Speicher untergebracht wird.
Versöhnung
Rituale, die zur Versöhnung beitragen, können helfen, Wut und Trauer loszulassen.
Hilfreich kann es sein, reale Fotos, Briefe, Symbole usw. stellvertretend für die alte Beziehung zu verabschieden, indem diese gemeinsame Zeit gewürdigt und dann z. B. an einem Platz außerhalb des aktuellen Lebens verabschiedet wird. Dies kann in einem Wald sein („Bestattung“) oder ein Floß kann auf einem Fluss mit den alten Erinnerungen los gelassen werden. Auch Abschiedsbriefe helfen um zu danken und sich zu verabschieden, so dass Raum entstehen kann für Neues.
Klare Zielvorstellungen entwickeln und fühlen
In Krisenzeiten, wenn die Trennung noch nicht verarbeitet ist, werden Hindernisse und schlechte Gefühle fokussiert. Betroffenen kann es helfen, Vorstellungen von einer angenehmeren Zeit zu entwickeln. Klare Visualisierungen der erwünschten Zeit („Trennung verarbeitet“) mit der zugehörigen Stimmung und Körperhaltung können Änderungen bewirken.
Mal angenommen, du würdest die Trennung verarbeitet haben, welche Hobbys hättest du, welche Freunde, wie wäre dein berufliches Umfeld etc.?
Wie würdest du dich in 1 Jahr (6 Monaten) gerne fühlen?
Welche Farben und Gerüche würden vorherrschen?
Welche Rückmeldungen würden dir Freunde und Bekannte geben? Was würden sie über deine Ausstrahlung mitteilen?
Machbare Herausforderungen
Um das eigene Kompetenzerleben bzw. die eigene Selbstwirksamkeit wieder erlebbar zu machen, sind Tätigkeiten, die derzeit als „machbar“ eingeschätzt werden, sinnvoll, um Erfolgserlebnisse wieder zu erfahren. Sie sollten in erster Linie nicht als Störungen oder unüberwindbare Hindernisse aufgefasst werden, sondern als Herausforderungen, die einen Anreiz darstellen. Dabei ist es zunächst nicht entscheidend, in welchem Lebensbereich diese angesiedelt sind. Es kann sich um die Reparatur eines Bootes, ein mit Spaß verbundenes Tennismatch oder ein neues berufliches Aufgabenfeld handeln. Wichtig ist hierbei, dass sich die Angesprochenen als wirksam erleben können.
Körperliche Ebene
Die körperliche Ebene hat auf emotionale und kognitive Prozesse Einfluss. Daher kann eine Veränderung der Haltung bzw. der Bewegungen in Krisenzeiten dazu führen, dass positivere Erlebnismuster erzeugt werden.
Welche Haltung nehme ich die meiste Zeit des Tages ein? Wann gibt es welche Unterschiede und wie wirken sich diese auf meine Stimmung aus?
Welche Haltung nehme ich ein, wenn es mir eher schlecht geht? Welche, wenn meine Gefühlslage um 10% besser ist und welche, wenn ich mich als „gut gelaunt“ bezeichnen würde?
Ehrenrunden („Rückfälle“)
Eine Trennung zu akzeptieren verläuft meistens in verschiedenen emotionalen Höhen und Tiefen. Eine Woche scheint sie verarbeitet zu sein und auf einmal erinnert ein Ereignis an die schöne gemeinsame Zeit und die alten Wunden reißen wieder auf.
Dies bedeutet, dass die Aufmerksamkeit auf ehemalige gemeinsame Zeiten gerichtet wird und man ein Problem (schlechte Gefühle wie Trauer, Sehnsucht usw.) damit erlebt. Diese „Rückfälle“ könnten jedoch auch dazu helfen, sich zu fragen, welche Bedürfnisse dadurch auftauchen, die wohl aktuell noch nicht befriedigt werden konnten (Reisen an schöne Strände, ein ausreichend starkes Selbstwertgefühl auch ohne Partner, ein stabiles soziales Umfeld). Eine zusätzliche Fokussierung an die vergangenen Wochen und Monate, in denen ein als lebenswert angesehenes Leben erreicht wurde, kann helfen hervorzuheben, wie dies geschaffen wurde und welche Kompetenzen betroffene Menschen bereits besitzen, um angenehme Erlebnismuster zu kreieren.
Wurde eine Trennung „erfolgreich“ überwunden und gelang es, die alte Beziehung loszulassen, so haben diese Menschen (neue) Kompetenzen im Umgang mit Krisenzeiten erlernt, die helfen, andere (Beziehungs-) Situationen im Leben zu bestehen.
Anbei ein Artikel von mir dazu, der im online Magazin „Lifestyle“ veröffentlich wurde:
Trennungakzeptierenu.loslassen
[1] Wechselwirkungen zwischen Körper und Psyche. Maja Storch hat dazu ein aufschlussreiches Werk geschrieben: Embodiment. Die Wechselwirkungen zwischen Körper und Psyche verstehen und nutzen. Hans Huber Verlag.